Helmut Richter, Experiment in Architecture

Paneldiscussion at Architekturzentrum Vienna, Jan 26, 2022

"I remember seeing the school in the Museum für Angewandte Kunst, shortly after completion as a model, and thought to myself that this is actually the right approach, that you don't wait until something is ripe for the museum, but that you recognize in time where the highlights are and also present them. I remember that this was very much the other way around at MAK." – Hemma Fasch

„Die Schule habe ich noch im Museum für Angewandte Kunst, kurz nach Fertigstellung als Modell gesehen und dachte mir, das ist eigentlich der richtige Zugang, dass man nicht wartet bis etwas reif für das Museum ist, sondern dass man rechtzeitig erkennt wo die Highlights sind und diese auch präsentiert. Ich erinnere mich, dass dies sehr umgekehrt im MAK war.“ – Hemma Fasch

Helmut Richter

Helmut Richter’s architecture is determined by the concept of progress: his buildings are hallmarks of the development of constructional engineering; his spatial strategy, especially in numerous housing projects, presume new social beviors.

Helmut Richter, Secondary School of Computer Science (1992–94), Vienna (Photography: Manfred Seidl)
Helmut Richter, Secondary School of Computer Science (1992–94), Vienna (Photography: Manfred Seidl)

My thanks to Helmut Richter!

Masterly, often poetic in his self-assured sketches, he is not only ahead of Vienna, he is often ahead of his time. The project* he made available to me more than fifteen years ago is becoming increasingly topical in the University of Applied Arts Vienna and the MAK’s joint undertakings.

Peter Noever

* Helmut Richter, Vienna, project for Peter Noever’s MAK terrace plateau, 1991

 

(excerpt from “The book for Helmut Richter”, editor: Technical University of Vienna, 2007) 

Eulogy for Helmut Richter
by Peter Noever
Vienna, 4 July 2014

Liebe Freunde, liebe Anwesende,
Liebe Trauergemeinde, liebe Weggefährten,

über Helmut Richter möchte ich vor allem Anderen eines sagen: Er war ein Freund. Er war ein Wegbegleiter und oft auch ein Orientierungspunkt.

Es war eine langsame Verabschiedung von ihm,

aufgrund seiner schweren Krankheit.

Helmut Richter war ein Mann, der vor Leidenschaft brannte; seine Hingabe an die Architektur und sein Schaffen beispiellos.

Für ihn war Architektur eine gesellschaftliche Herausforderung, in deren Mittelpunkt immer der Mensch stand.

Seine oftmals radikalen Umsetzungen beugten sich keinen Kompromissen.



Dabei ging es niemals um Opulenz, sondern um konzise Analyse.

Wenigen wie ihm ist es gelungen, den Raum mit so klaren Mitteln zu definieren. Dahinter steckte jedoch immer intensivste Hingabe an das Projekt.

Er brannte für jedes Detail,

arbeitete oft mit neuen Materialien,

und – was vielleicht das Wichtigste ist:

setzte seine ganze Kraft und seinen Verstand bedingungslos dafür ein.



Das machte ihn zu einer Energiequelle für das Thema Architektur in seiner erfrischendsten und inspirierendsten Form.



Er war im Kern der Architektur und allen ihren Bedeutungen verpflichtet.

Dabei hat er jede Art von Formalismus bekämpft,

und trug stets die Verantwortung, die dieser Beruf mit sich bringt.



Der Architekt Helmut Richter war Architekt, wie vielleicht nur wenige.



Ein prägnantes Beispiel dafür, die Informatik-Mittelschule am Kinkplatz in Wien, die er in den 1990ern errichtet hat, ist nicht nur kühn und elegant anzusehen; es ist eine anspruchsvolle Komposition und zugleich von einer glasklaren Logik.
Sie ist experimentell und kultiviert, und hat eine neue, radikale Perspektive im Schulbau eröffnet.

Nicht nur hier – Richter hat es immer wieder verstanden, die in dieser Stadt eingewurzelten sozialen Gewohnheiten mit einer zeitgemäßen, visionären Architektur zu manifestieren.

Die Baustelle hat er vielfach als ein Experimentierfeld betrachtet, die Architektur als Herausforderung immer angenommen. Das verbindet ihn mit Meisterarchitekten wie etwa einen Álvaro Siza Vieira.

Wiewohl Richter weniger außerhalb dieses Landes aktiv war - er war dennoch international maßgeblich.Mit seiner unbeirrbaren ästhetischen Intelligenz hat er sich stets auf die Umsetzung am Rande des Möglichen konzentriert.

Dabei haben nicht nur sinnliche Eleganz und gewagte Konstruktionen seine Bauten gekennzeichnet; er hat dabei den Menschen darin nie aus den Augen verloren. Gerade das hat seine angewandte Architektur geprägt.

Er war aber nicht nur der gedankenschwere Planer. Die Aufbruchsstimmung, die Vision, die er Zeit seines Lebens atmete, auch gemeinsam mit Heidulf Gerngross, veränderte die Stadt. Wie etwa auch das Restaurant Kiang, das erste wirklich moderne in Wien.

Dabei hat er sich immer mehr auf die Inhalte konzentriert, als auf seine Markt-Tauglichkeit.
Menschen wie Helmut Richter erscheinen vielleicht auch manchmal zu kompliziert. Sein Denken aber konnte jederzeit einen Weg zeigen, wenn man sich auf ihn einließ.

Im Gegensatz dazu stehen heute oft einfache Lösungen auf der Tagesordnung. Nicht nur seine Schule soll einer geistlosen Renovierung unterzogen werden, bei der wesentliche Teile – wie etwa der Turnsaal – eliminiert werden sollen.

Wäre es nicht ganz im Gegenteil die Pflicht dieser Stadt, das Experiment weiterzuführen? Warum hat man nicht jemanden wie Richter mit weiteren, außergewöhnlichen Bauaufträgen betraut?

Ein aktuelles, tristes Beispiel für die Verwahrlosung der Stadt ist auch die Hochbaukonzentration rund um den neuen Hauptbahnhof. Hier wurde offenbar alles getan, um echte, gelebte Architektur nicht zu berühren. Sie mit viel Aufwand zu vernachlässigen und auszuklammern.

Menschen wie Helmut Richter dazu einzuladen, hätte einen Weg gezeigt, wie man Eingriffe setzen kann, die wirkliche Spuren hinterlassen.

Wenige konnten so wie er das Projekt Architektur vorantreiben.